Brief an Albertus Blarerus
Gwalther, Rudolf
Kurzformat
Brief an Albertus Blarerus / von Rod[olphus] Gualtherus - Tiguri , 24 Martii 1584.
1 Bl. : 32,2 x 22 cm
-
St. Gallen, KB Vadiana SG, VadSlg Ms 39:176
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520 | |a Gwalther hat die Rede ("oratio") von Thomas Blarer [sen.] auf den Kurfürsten Friedrich [III.] von der Pfalz gelesen [vgl. VadSlg Ms 39:168]. Die Darstellung dieses exemplarischen Lebens würde es verdienen, publiziert zu werden, damit sie den Fürsten und deren Ratgebern als Vorbild dienen könnte. In der gegenwärtigen Zeit kümmert man sich nicht um das gemeinsame Wohl. Vielmehr versuchen ehrgeizige Theologen, die evangelische Wahrheit mit alten Irrlehren ("vetus salina") zu verfälschen. Einzig [der Pfalzgraf Johann] Kasimir hält am Vermächtnis des Vaters fest ("patris cineres reveretur"). Allerdings hindert ihn seine Ehefrau [Elisabeth von Sachsen] angeblich daran, seinen Neffen [Friedrich IV.], dessen Vormund er ist, im rechten Glauben unterrichten zu lassen. Erschreckend ist auch das Schicksal des Kurfürsten von Köln, Gebhard [I. von Waldburg], der von den Seinen verraten wurde. Dessen Bruder Karl, Truchsess ("Truksessius") [von Waldburg-Trauchburg], soll nach Italien verschleppt werden, um dort über die Mitwisser des Bruders befragt zu werden. Man muss um die Freiheit von Deutschland fürchten, welches sich gegenüber deren Verteidigern so undankbar und achtlos erweist. Gwalther ist daher skeptisch gegenüber Alberts Plan, die Rede auf seine Kosten drucken zu lassen ("typographo excudendam tradere"). Ihren Zweck könnte sie wohl nur erfüllen, wenn sie mit der Empfehlung ("auspicium") von [Johann] Kasimir publiziert werden könnte. Allerdings hat dessen Intervention im Kölner Krieg [1582-1583] seinem Ruf geschadet. Vielleicht kann der Theologe D[aniel] Tossanus [sen.] etwas für die Publikation der Rede unternehmen. Gwalther sendet sie zurück, damit Albert mit seinen Freunden weiter überlegt, wie er vorgehen will. | ||
520 | |a Gwalther wäre beinahe mit seiner Ehefrau [Anna] und der Tochter nach St. Gallen gekommen, aber das kalte Wetter hat ihn daran gehindert. Er hat noch nicht erfahren, ob das schwere Erdbeben, das die ganze Eidgenossenschaft erschüttert hat, auch im Thurgau bemerkt wurde [vgl. VadSlg Ms 39:173 und 175]. Nach zuverlässigen Autoren floss der Genfersee ("lacus Lemannus") rückwärts und öffnete so einen begehbaren Weg durch den See. An einem Berg bei Aigle ("Aquileia Bernatium") öffnete sich eine gewaltige Spalte, die nach vier Tagen zusammenstürzte und dabei 60 Häuser mit ihren Bewohnern verschüttete. Es wundert nicht, wenn die Erde unter der Last der Verbrechen erschüttert wird. Eine Deutung liefert der Prophet Amos im 8. Kapitel. Mögen die Herzen der Menschen erweicht werden, die wie vom Anblick des Hauptes der Medusa erstarrt sind. - Bestellt Grüsse an die Kollegen ("fratres") und Freunde. Segenswünsche. | ||
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Basisinformationen
Signatur:
-
St. Gallen, KB Vadiana SG, VadSlg Ms 39:176
Ressourcentyp:
Brief; Autograph; Archivmaterial / Archivdokument
Titel:
Brief an Albertus Blarerus / von Rod[olphus] Gualtherus
Entstehungsangaben:
Tiguri, 24 Martii 1584.
Entstehungszeit (normiert):
1584.03.24
Verzeichnungsstufe:
Dokument=Item=Pièce
Physische Beschreibung:
-
1 Bl.; 32,2 x 22 cm
Serie:
Vadianische Briefsammlung, Bd. 10; 176
Hierarchie/Kontext
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Inhalt und innere Ordnung
Inhalt:
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Gwalther hat die Rede ("oratio") von Thomas Blarer [sen.] auf den Kurfürsten Friedrich [III.] von der Pfalz gelesen [vgl. VadSlg Ms 39:168]. Die Darstellung dieses exemplarischen Lebens würde es verdienen, publiziert zu werden, damit sie den Fürsten und deren Ratgebern als Vorbild dienen könnte. In der gegenwärtigen Zeit kümmert man sich nicht um das gemeinsame Wohl. Vielmehr versuchen ehrgeizige Theologen, die evangelische Wahrheit mit alten Irrlehren ("vetus salina") zu verfälschen. Einzig [der Pfalzgraf Johann] Kasimir hält am Vermächtnis des Vaters fest ("patris cineres reveretur"). Allerdings hindert ihn seine Ehefrau [Elisabeth von Sachsen] angeblich daran, seinen Neffen [Friedrich IV.], dessen Vormund er ist, im rechten Glauben unterrichten zu lassen. Erschreckend ist auch das Schicksal des Kurfürsten von Köln, Gebhard [I. von Waldburg], der von den Seinen verraten wurde. Dessen Bruder Karl, Truchsess ("Truksessius") [von Waldburg-Trauchburg], soll nach Italien verschleppt werden, um dort über die Mitwisser des Bruders befragt zu werden. Man muss um die Freiheit von Deutschland fürchten, welches sich gegenüber deren Verteidigern so undankbar und achtlos erweist. Gwalther ist daher skeptisch gegenüber Alberts Plan, die Rede auf seine Kosten drucken zu lassen ("typographo excudendam tradere"). Ihren Zweck könnte sie wohl nur erfüllen, wenn sie mit der Empfehlung ("auspicium") von [Johann] Kasimir publiziert werden könnte. Allerdings hat dessen Intervention im Kölner Krieg [1582-1583] seinem Ruf geschadet. Vielleicht kann der Theologe D[aniel] Tossanus [sen.] etwas für die Publikation der Rede unternehmen. Gwalther sendet sie zurück, damit Albert mit seinen Freunden weiter überlegt, wie er vorgehen will.
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Gwalther wäre beinahe mit seiner Ehefrau [Anna] und der Tochter nach St. Gallen gekommen, aber das kalte Wetter hat ihn daran gehindert. Er hat noch nicht erfahren, ob das schwere Erdbeben, das die ganze Eidgenossenschaft erschüttert hat, auch im Thurgau bemerkt wurde [vgl. VadSlg Ms 39:173 und 175]. Nach zuverlässigen Autoren floss der Genfersee ("lacus Lemannus") rückwärts und öffnete so einen begehbaren Weg durch den See. An einem Berg bei Aigle ("Aquileia Bernatium") öffnete sich eine gewaltige Spalte, die nach vier Tagen zusammenstürzte und dabei 60 Häuser mit ihren Bewohnern verschüttete. Es wundert nicht, wenn die Erde unter der Last der Verbrechen erschüttert wird. Eine Deutung liefert der Prophet Amos im 8. Kapitel. Mögen die Herzen der Menschen erweicht werden, die wie vom Anblick des Hauptes der Medusa erstarrt sind. - Bestellt Grüsse an die Kollegen ("fratres") und Freunde. Segenswünsche.
Anmerkungen
Allgemeine Anmerkung:
Adressat: Eruditione, pietate et genere nobili viro domino Alberto Blarero medico, fratri et affini dilecto. Sangallen.
Absender: Tuus ex animo totus Rod[olphus] Gualtherus.
Eingangsvermerk unter der Adresse von Albert Blarer: 28. Martii. Anno [15]84
Lesermarginalie am linken Rand des Brieftexts zum Stichwort "Aquileia Bernatium": Aelet. 1. saltzbrunn gegen Wallis am ryffen
Siegelspur
Sprache, Schrift:
Lateinisch
Geschichte
Ehemalige Signatur:
Ehemalige Signatur: Standort: Stadtbibliothek St. Gallen, Handschriften. Signatur: Epistolae Tom. X:176; Epistolae Tom. X:176
Hinweise
Bibliographischer Nachweis:
-
Kammerer, Vadianische Briefsammlung, Isny (vor 1958) (VadSlg Ms 29a), S. 229
Literatur:
-
Registriert in: Rüetschi, Kurt Jakob. - Verzeichnisse zu Rudolf Gwalther, Bd. 1.1 (Briefwechsel-Verzeichnis). - Baden-Baden : Verlag Valentin Koerner, 2019, B 2625, S. 564
Zugriffs- und Benutzungsbestimmungen
Zugangsbestimmungen:
-
Es gelten die Benutzungsbestimmungen für den Sonderlesesaal.
Urheberrecht Metadaten:
Die Katalogdaten stehen unter der Lizenz CC0 zur Weiternutzung zur Verfügung.
Bearbeitungsstand
Interne Bearbeitung:
-
Verzeichnung=Description=Inventaire; Oktober 2020; HAN-Katalogisierungsregeln; Vollständige Rekatalogisierung nach Kammerer mit Ergänzungen; Clemens Müller
Identifikatoren
Systemnummer:
991170492880305501
Andere Systemnummer:
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(HAN)000440003DSV05
-
(EXLNZ-41SLSP_NETWORK)991170492880305501
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(41SLSP_UBS)9972426183605504